Story 10: Hand in Hand
Sie mussten 4000 Kilometer bis nach Wolfsburg fliehen, um sich zu begegnen: Mohannad Alahmad und Tilman Abdulhaim kommen beide aus der Stadt Qamischli in Syrien, kennengelernt haben sie sich aber erst durch das städtische Projekt „Hand in Hand“ im letzten Jahr. Alahmad ist einer von derzeit 49 Ehrenamtlichen, die als Sprachmittler Geflüchteten in Wolfsburg bei Behördengängen und bei Problemen im Alltag helfen. „Ich habe das Gefühl, dass es meine Aufgabe ist, damit kann ich meiner Stadt helfen“, berichtet er auf die Frage, wieso er sich ehrenamtlich engagiert.
Für den 40-Jährigen, der 2003 nach Wolfsburg kam, ist die Arbeit bei „Hand in Hand“ an manchen Tagen fast wie ein Vollzeitjob. Dann hilft er bis zu 15 Geflüchteten ehrenamtlich dabei, die Sprachbarriere zu überwinden. Im Jobcenter sei ihm schon ein Klappbett angeboten worden, da er scheinbar 24 Stunden vor Ort sei, berichtet Mohannad lachend. Als 2015 die Zahl der Geflüchteten stark anstieg, bot er an, rund um die Uhr erreichbar zu sein. „Jetzt werde ich manchmal auch nachts angerufen und nach Hilfe gefragt, da fast alle neu angekommenen Flüchtlinge meine Handynummer haben“, berichtet Mohannad Alahmad. „Oft macht die Arbeit Spaß, manchmal ist es richtig Stress“, fasst er seine Tätigkeit zusammen.
Aus den vielen Bekanntschaften entwickeln sich auch Freundschaften. „Wir sitzen zum Beispiel in einem Café zusammen und trinken Kaffee“, erzählt Mohannad weiter. Eine solche Freundschaft ist auch zwischen ihm und Tilman Abdulhaim entstanden. Beide stammen, wie erwähnt, aus der Stadt Qamischli. Sie liegt an der Grenze zur Türkei. Früher lebten in der Stadt rund 200.000 Menschen, jetzt sind es durch den Bürgerkrieg fast drei Millionen, berichtet Mohannad Alahmad. Er war bereits vor 15 Jahren aus Syrien geflüchtet, weil er für sich und seine Familie keine sichere Zukunft in seiner Heimat sah. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und den drei Kindern am Laagberg.
Tilman Abdulhaim ist Kurde. 2014 floh er über das Mittelmeer nach Europa. In Wolfsburg lebt er seit Juni des vergangenen Jahres. „Hand in Hand“ und seinen Sprachmittler Mohannad Alahmad lernte Tilman bei der Zusammenführung seiner Familie kennen und schätzen. Mohannad Alahmad war ihm dabei behilflich, einen Teil seiner Familie nach Wolfsburg zu holen. Später unterstützte er ihn bei weiteren Behördengängen und meldete beispielweise seine Kinder in der Schule an.
Im vergangenen Jahr gab es insgesamt 230 offizielle Einsätze des Projektes „Hand in Hand“, in diesem Jahr sind es bis jetzt 225. Mohannad Alahmad kann in den Sprachen Arabisch, Türkisch und Kurdisch behilflich sein. Für ihn und Tilman Abdulhaim ist Wolfsburg Heimat geworden. „Ich fühle mich wie ein Fisch, den man aus dem Wasser genommen hat, wenn ich nicht in Wolfsburg bin“, erzählt Mohannad. Und auch Tilman fühlt sich in Wolfsburg richtig wohl. Mit seiner Frau und den drei Kindern lebt der 41-jährige mittlerweile in einer Wohnung in Westhagen, wo er schon einige Kontakte geknüpft hat. Tilman Abdulhaim hofft, dass es später noch mehr werden, wenn er besser Deutsch sprechen kann und Arbeit hat. Sein Integrationskurs soll bald beginnen. Sein Freund Mohannad Alahmad hofft, dass er seine jetzige Tätigkeit als Sprachmittler bald zum Beruf machen kann und in Wolfsburg als Dolmetscher Arbeit findet. „Das ist meine Stadt“, sagt Mohannad und lächelt, „woanders möchte ich nicht sein.“
Bei Interesse wenden Sie sich bitte an das Integrationsreferat:
Stadt Wolfsburg
Integrationsreferat
- Anke Jahns (anke.jahns@stadt.wolfsburg.de, Telefon 05361-282674) und
- Philipp Gramse (philipp.gramse@stadt.wolfsburg.de, Telefon: 05361 282176)
Hand in Hand Kurzinfo:
Das Projekt „Hand in Hand“ ist aus „Mano nella Mano“ entstanden, einem 2013 entwickelten Projekt des Integrationsreferates der Stadt für italienische Zuwanderer. Aktuell arbeiten fast 50 ehrenamtliche Sprachmittler bei Hand in Hand und bieten mehr als 20 Sprachen an, dabei werden Arabisch, Englisch, Persisch und Farsi am häufigsten nachgefragt. Die meisten Einsätze gibt es im Jobcenter, bei Ärzten und im Jugendamt.
„Mano nella Mano“ wurde im vergangenen Jahr vom italienischen Außenministerium für seine Dienste zugunsten italienischer Bürger im Ausland ausgezeichnet. „Hand in Hand“ wird stetig evaluiert und das Sprachangebot wird weiterhin ausgebaut.